Vitte
Die Bezeichnung „Vitte“ stand ursprünglich für einen Ort, an dem frisch gefangener Fisch gelagert und verarbeitet wurde. Es gab auf Rügen eine Vielzahl solcher Handelsplätze, in deren Umfeld sich die Fischer und Händler dann auch niederließen und es so zu Ansiedlungen kam, die nicht nur zu Zeiten des Fischfangs, sondern ständig bewohnt wurden. Im Ortsnamen hielt sich diese alte Bezeichnung „Vitte“ in Vitt, dem kleinen, versteckten Fischerdorf ganz im Norden der Halbinsel Wittow, unterhalb des Kap Arkona, und in Vitte, neben Kloster eines der beiden Zentren auf Hiddensee, der kleinen, feinen Schwester Rügens. Dies Vitte soll Gegenstand der folgenden Ausführungen sein.
1515 wurde Vitte zum ersten Mal in der Geschichtsschreibung erwähnt. Damals bestand der Ort aus 24 Katen. Für Jahrhunderte waren Fischfang und -handel die Haupterwerbsquelle. Vitte war eine Handelsniederlassung der Hanse und kam in dieser Zeit zu bescheidenem Wohlstand. Mit dem Niedergang der Hanse jedoch änderte sich dies.
Als der große Heimatforscher Johann Jacob Grümbke seine Heimat in seinen „Streifzügen durch das Rügenland“ beschrieb und weithin bekannt machte, damals, so um 1800 herum, sah er in Vitte die meisten Häuser an als „elend gebaut“ und bedachte sie als „rohe architektonische Stümpereien“. Zu dieser Zeit gab es noch die Leibeigenschaft, und etwa die Hälfte der dort Lebenden fiel unter diesen Status. Die andere Hälfte war zwar frei, musste aber den jeweiligen Grundherren an den geringen Erträgen aus ihrer jeweiligen Tätigkeit beteiligen. Für uns ist es heute nur sehr schwer vorstellbar, dass Menschen nach Stück gerechnet wie Vieh oder Gerätschaften gehandelt, d.h. gekauft und verkauft werden konnten. Überliefert sind Schriftstücke, in denen sie gleichwertig neben Heringsfässern aufgelistet wurde.
Ein besonderes Kapitel in der Geschichte Hiddensees nimmt der Ritter Wilhelm von Bagevitz als Grundherr ein. Unter ihm wurden auch die wenigen noch verbliebenen freien Bauern zu Leibeigenen; die zu leistenden Abgaben führten zu großem Elend unter der Bevölkerung, und selbst die Abschaffung der Leibeigenschaft durch Gustav Adolf IV. von Schweden bewirkte nur wenig.
Hafen von Vitte
Erst 1836, als das Kloster zum Heiligen Geist aus Stralsund die Insel Hiddensee erwarb, endete die Unterdrückung, und aus den „Hütten mit ihren Bekleidungen von Seegras, ihrem Gemäuer von Torf oder Feldsteinen“ (Grümbke) entstanden allmählich Stein- und Fachwerkhäuser.
Heute ist Vitte mit ca. 650 Einwohnern der größte Ort auf Hiddensee, Sitz der Verwaltung und Schulstandort. Das Ortsbild ist dadurch gekennzeichnet, dass die unterschiedlichsten Baustile hier ihren Niederschlag gefunden haben. Vom urspünglichen Charakter Vittes ist dennoch einiges erhalten – gen Neuendorf gruppiert sich das Süderende mit reetgedeckten Häusern die Straße entlang, in Richtung Kloster wartet das Norderende mit seinen typischen Fischerhäusern auf.
Noch immer spielt der Fischfang eine große Rolle. Hering, Dorsch, Zander und Flunder finden sich vorwiegend im Westen der Insel. Vor Vitte im Osten hält sich der Aal auf, während sich Barsch und Hecht im Gewässer vor dem südlich gelegenen Neuendorf tummeln.
Einen stetig wachsenden Stellenwert erlangt der Fremdenverkehr. War Vitte im vergangenen Jahrhundert noch beliebte Sommerfrische für Maler, Schriftsteller, Schauspieler, so hat es mittlerweile auch der „normale“ Tourist entdeckt. Sehenswert ist die „Blaue Scheune“ und das „Karussell“, das kreisrunde Haus von Asta Nielsen, des großen Leinwandstars aus der Frühzeit des Kinos. Südlich von Vitte lockt eine weite Heidelandschaft zu ausgedehnten Wanderungen.
In Vitte selbst gibt es mehrere Möglichkeiten zum Einkaufen, darunter eine Buchhandlung, eine Bäckerei und mehrere Cafés.