Lohme
Seit 1855 schon nennt sich dieser ruhige Fischerdorf Seebad – früher als alle anderen Bäder auf Rügen. Lohme, die Stubnitz und die Kreidefelsen – das ist Gefühl pur. Und so zog dieser Ort alle an, die es mit der Romantik hatten und hier ihre Inspirationen holten. Maler, Dichter, Romanciers begründeten Lohmes Ruf . Elisabeth von Arnim, Gerhart Hauptmann, Theodor Fontane, Caspar David Friedrich und viele andere waren hier, ließen sich den Ostseewind um die Ohren wehen und lauschten dem Klang der ans Steilufer klatschenden Wellen.
Viele Hügelgräber im weiteren Umfeld – der Grabhügel am Magelowberg zwischen Lohme und Nipmerow im besonderen – bezeugen eine Besiedlung schon in der Bronzezeit, dann verlieren sich die Spuren. Erst mit den Slawen kam wieder Leben – der Name Lohme ist slawischen Ursprungs und leitet sich ab von „lome“, was auf einen Wind- oder Steinbruch zurückführt. Nach den Slawen kamen die Dänen, die Schweden und schließlich die Preußen. Seit 1884 ist Lohme als Kur- und Badeort anerkannt. Und das, obwohl dieser Ort höher als kein anderer Ort an Rügens Küste über dem Meerespiegel thront: Zwischen 50 und 70 Meter beträgt der Höhenunterschied zum Ufer, etwa 200 Stufen zählt die Treppe, die vom oberen Ort zum mit großen Steinblöcken vor den Unbilden der Ostsee geschützten Hafen führt. An dieser Treppe gelegen ist das Café Niedlich, von dessen Terrasse sich der Blick über die Weite des Meeres verliert und sich wieder fängt bei den im Hafen ankernden Fischerbooten und Yachten.
Lohme zeigt dem Urlauber eher eine schroffe Seite: wenig Sand-, mehr Steinküste. Dem Zugang ins Wasser dienten in frühen Jahren hölzerne Badestege. Entlang des Steinstrandes kann man unterhalb des Steilhanges zum nur wenige Kilometer entfernten Königsstuhl laufen – zahlreiche Abbrüche und Rutschungen führten in jüngster Zeit allerdings zu großflächigen Sperrungen der Uferzonen unterhalb der Kreidefelsen. Sinnvoller – und dem Weitblick entgegenkommend – ist es, auf dem Hochuferweg zu Rügens höchsten und bekanntesten Felsen, dem Königsstuhl zu kommen. Steile Hänge, mächtige Buchen – Jasmunds alte Buchenwälder zeigen sich hier von ihrer schönsten Seite.
Nicht weit vom Hafen entfernt liegt der „Schwanenstein“ vor der Küste. Mit seinen 162 Tonnen und rund 60 Quadratmetern zählt er zu Rügens größten Findlingen. Eine große Tragödie ereignete sich hier im besonders harten Winter 1956. Drei Kinder suchten auf dem Schwanenstein Schutz vor aufkommendem Sturm und brechendem Eis. Doch obwohl der Stein nahezu in Reichweite vor dem Strand liegt, war es weder den Ortsansässigen noch den herbeigerufenen Soldaten der Volksarmee möglich, die Kinder vom Stein zu retten. Erst am nächsten Tag konnten sie geborgen werden – tot, erstarrt zu kleinen Eisklumpen.
Lohme ist heute in erster Linie ein Touristen-Ort, der durch seine ruhige Lage, die anheimelnde Landschaft und seine Gastronomie anzieht. Eine Besonderheit Lohmes ist seine Steilhang-Sicherung nach dem großen Abbruch am 19. März 2005, als sich über eine Breite von fast 130 Metern rund 100.000 Kubikmeter Boden lösten und gen Meer rutschten. Ein unmittelbar hinter der Abbruchstelle gelegenes Gebäude der Diakonie blieb davon unbetroffen, die Bewohner des Hauses kamen mit dem Schrecken davon, der unterhalb liegende Hafen wurde jedoch teilweise zugeschüttet.
Die Sicherung dieses Steilhanges wurde ein technisches Meisterwerk – um den Hangfuß zu entwässern und zugleich das durch wasserhemmende Schichten am Versickern gehinderte Grundwasser abzuleiten, wurden insgesamt 15 Horizontaldränagen verlegt und Hang-befestigungen erstellt. All diese Maßnahmen erfolgten von See aus, da der abbruchgefährdete Steilhang keine Arbeiten von Land aus zuließen. Dadurch ist Lohme auch für Technik-Freunde bedeutsam.